Neue Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen
Ab dem 01. März 2023 gelten in Deutschland neue Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen, also die grenzüberschreitende Verschmelzung, die grenzüberschreitende Spaltung und den grenzüberschreitenden Formwechsel (§§ 305 ff. UmwG) innerhalb der EU. Sie gehen auf EU-Richtlinien zurück (Richtlinie EU 2017/1132, sogenannte Gesellschaftsrechtsrichtlinie – GesRRL und die Richtlinie EU 2019/2021, die sogenannte Umwandlungsrichtlinie - UmwRL). Umgesetzt wurden diese Richtlinien in deutsches Recht durch das sogenannte UmRUG. Mit diesem Gesetz sollen bei grenzüberschreitenden Umwandlungen die Minderheitsgesellschafter geschützt sowie Regelungen für Gläubiger und Arbeitnehmer festgelegt werden. Innerhalb dieser Regelungen dienen die Bestimmungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung als Regelungsvorbild für grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel.
Eine grenzüberschreitende Verschmelzung ist eine Verschmelzung, bei der mindestens eine der beteiligten Gesellschaften dem Recht des anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegt (§ 305 Abs. 1 UmwG). Verschmelzungsfähige Gesellschaften sind beispielsweise die deutsche GmbH, die französische s.a.r.l. oder die niederländische B.V. Zur Durchführung einer Verschmelzung ist ein Verschmelzungsplan zu entwerfen. In § 307 Abs. 2 UmwG wird in 16 Unterpunkten im Einzelnen genau aufgeführt, was ein Verschmelzungsplan enthalten muss, so unter anderem: das Umtauschverhältnis der Geschäftsanteile, die Höhe der baren Zuzahlungen, voraussichtliche Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung, Angaben zur Bewertung des Passiv- und Aktiv-Vermögens etc. Der Verschmelzungsplan muss notariell beurkundet werden (§ 307 Abs. 4 UmwG). Ebenso wie ein Verschmelzungsplan haben die Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften einen Verschmelzungsbericht zu erstellen (§ 309 Abs. 1 Satz 1 UmwG). Darin sind die für die Anteilsinhaber und die Arbeitnehmer der beteiligten Gesellschaften die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte darzulegen.
Neu für die deutsche Rechtspraxis ist die vom deutschen Registergericht durchzuführende Missbrauchsprüfung (§ 316 Abs. 3 UmwG). So soll in Umsetzung der Gesellschaftsrichtlinie geprüft werden, ob die Verschmelzung möglicherweise missbräuchlichen Zwecken dienen kann. Ein Missbrauch ist u.a. dann anzunehmen, wenn zwar formal alles korrekt erfolgt, aber möglicherweise ausscheidende Gesellschafter oder Mitarbeiter (auch die öffentliche Hand bei der Hinausverschmelzung), Nachteile erleiden könnte. Das Registergericht hat jeweils auf den Einzelfall abzustellen. Es kann hierzu die beteiligten Gesellschaften befragen, diese bitten, weitere Informationen vorzulegen, oder gar außenstehende Gutachter engagieren, die einen möglichen Missbrauch feststellen können. Dabei hat das Registergericht wie beispielsweise im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu ermitteln. Dies kann im Einzelfall – insbesondere dann, wenn das Registergericht Informationen darüber erhält, dass eine Verschmelzung missbräuchlich durchgeführt wurde – zu einer erheblichen Verzögerung eines solchen Antragsverfahrens führen. Jede Gesellschaft, die ein Verschmelzungsverfahren (oder einen Formwechsel oder eine Spaltung) durchführt, ist gut beraten, Verschmelzungsplans und Verschmelzungsbericht sehr sorgfältig vorzubereiten und fachkundig umzusetzen.
Autor: Dr. Dieter Jasper, LL.M.
Düsseldorf, den 25. April 2023