Notwendigkeit – Grundlagen – Fördermittel - Umsetzung
Die grüne Welle schwappt durchs Land. Nicht nur die neue Bundesregierung, an der die Grünen maßgeblich beteiligt sind, sondern auch die Europäische Union und private Vereinigungen drücken auf das Tempo. Der Klimawandel muss aufgehalten werden. Nachhaltigkeit ist Trumpf. Die Wirtschaft und Privatleute müssen sich umstellen, damit unser aller Lebensgrundlage auch langfristig erhalten bleiben kann.
Notwendigkeit
Von dieser Bewegung bleibt auch das Immobilienrecht nicht unberührt. Denn Unternehmensleiter müssen sich mit Nachhaltigkeitsfragen schon kraft Amtes beschäftigen (Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, § 93 AktG, § 43 GmbHG). So stellt sich die Frage, wie Nachhaltigkeit optimal und schnellstmöglich umgesetzt werden kann. Nachhaltiges Bauen ist das Thema.
Grundlagen
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Regelungen, Ankündigungen und Entwürfen von Regeln, wie die rechtlichen Grundlagen für unser aller Leben verändert werden können. Was genau muss getan werden, um den Nachhaltigkeitsanspruch tatsächlich zu erfüllen?
Die Umsetzung beginnt bereits mit der Vertragsgestaltung in den unterschiedlichsten Bereichen des Immobilienrechts. So gilt es, bei neu abzuschließenden Verträgen für die Bauerrichtung den Nachhaltigkeitsgedanken und die damit verbundenen einzelnen Parameter (dazu näher unten) zu berücksichtigen und vertraglich verpflichtend für alle Vertragsparteien zu vereinbaren. Dabei geht es nicht nur um bilaterale Verträge, sondern auch um multilaterale Verträge bzw. Verträge, die so miteinander vernetzt sind, dass die Nachhaltigkeit sich wie ein grüner Faden durch die gesamte Wertschöpfungskette zieht. Nicht nur im Hinblick auf die mögliche spätere Verwertbarkeit von Immobilien (ESG Investments, d.h. Environmental, Social and Governance), sondern auch im Hinblick auf mögliche Beihilfen für Klima-, Umweltschutz und Energieziele ist Nachhaltigkeit nahezu zwingend.
Heranzuziehen sind beispielsweise die Taxonomie-Verordnung (Verordnung 2020/852) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2020 über die Errichtung eines Rahmens nachhaltiger Investitionen. Über diese Verordnung will die Europäische Union Kriterien festlegen zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig gilt. Ziel ist es, den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit der Investition zu ermitteln (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft L 198/2019). Als weitere Grundlage könnte das sogenannte „cradle to cradle-Prinzip“ herangezogen werden (sinngemäß vom Ursprung zum Ursprung). Cradle to cradle oder C2C bildet eine Vision einer abfallfreien Wirtschaft ab; die Hersteller von Produkten sollen möglichst gesundheits- und umweltschädliche Materialien nicht mehr verwenden und bestenfalls nur noch Stoffe verwenden, die anschließend vollständig in den Kreislauf wieder eingeführt werden können, also möglichst wenig (gar keinen) Abfall – egal in welcher Kategorie – anfallen lässt.
Das heißt beispielsweise für die Immobilienwirtschaft, dass Baumaterialen eingesetzt werden, die möglichst nach ihrer Verwendung vollständig rückgeführt werden. Jeglicher Abfall oder jegliche Deponierung von Materialien, ohne diese in den Kreislauf zurückzuführen, sollen vermieden werden.
Fördermittel
Schließlich im Hinblick auf mögliche Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfen, veröffentlichte die Europäische Kommission im Dezember 2021 neue Leitlinien („Guidelines on State aid for climate, environmental protection and energy 2022“, kurz CEEAG“). Damit will die Kommission Leitlinien vorgeben für neue Beihilfekategorien, die am Ende den „Green Deal“ verwirklichen zu können. Hier sind Beihilfen zur Reduktion oder Vermeidung von Treibhausgasen, Beihilfen für saubere Mobilität, Beihilfen zur Ressourceneffizienz und Unterstützung für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft usw. vorgesehen.
Umsetzung
Neben einer Umsetzung dieser Vorgaben, Richtlinien und Ideen stellt sich für den Praktiker die Frage, wie kann er nachweisen, dass die Nachhaltigkeit nachgewiesen ist. Hierzu bieten sich entsprechende Zertifizierungen an. Bekannt sind die Zertifizierungen von und durch DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen), LEED (Leadership in Energy and Environmental Design, entwickelt vom US-Green Building Councel) sowie BREEAM (Zertifizierungsgesellschaft aus dem Vereinigten Königreich, Building Research Establishment Environmental Assessment Method). Dazu gehören auch im weitesten Sinne die sogenannte BIM-Methode (Building Information Modeling) und das Smart Building.
Um diese neue Entwicklung in den Verträgen in der Immobilienwirtschaft abzubilden, ist es in jedem Fall ratsam, die Verträge daraufhin zu überprüfen und anzupassen, gegebenenfalls besondere Vertragsbedingungen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitskriterien zu vereinbaren. Dies gilt nicht nur für reine Bauerrichtungsverträge, sondern auch für Verträge mit Projektsteuern, Projektentwicklern, Architekten und Planern aber auch anderen Beratern. In entsprechenden Audit-Verträgen sollten solche Kriterien ebenso enthalten werden. Vergaben von Aufträgen sollten diese Nachhaltigkeitsanforderungen voraussetzen. Mietverträge sollten Nachhaltigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen, und zwar auf Dauer und neuen Entwicklungen und Erkenntnissen angepasst.
Eine Befassung mit diesen Themen und deren Umsetzung in die vertragliche Praxis scheint dringend notwendig. Denn wer sich jetzt nicht mit diesen Themen beschäftigt, wird in geraumer Zeit das Nachsehen haben. Soweit sollte es nicht kommen.
Rechtsanwalt Dr. Dieter Jasper
Düsseldorf, den 14. Januar 2022