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 |  Dennis Wiegard

Mieter:innen können Zahlung verweigern, solange Vermieter:innen keine Belege vorlegen (BGH)

Einmal im Jahr ist es soweit; Mieter:innen erhalten die Nebenkostenabrechnung ihrer Vermieter:innen. In Rechnung gestellt werden darin sämtliche von Vermieter:innen getragene Betriebskosten, die in der Regel auch jedes Jahr steigen. Ob die in der Nebenkostenabrechnung aufgelisteten Kosten für die Vermieter:innen aber auch tatsächlich angefallen sind, ist für Mieter:innen oft nicht ersichtlich. Das gilt es zu kontrollieren.

Einsichts- und Kontrollrechte von Mieter:innen

Mieter:innen haben das Recht auf Einsicht in die Originalbelege. Dies ergibt sich aus § 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Mit Urteil vom 09. Dezember 2020 (BGH, Az. VIII 118/19) hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt, dass das Recht der Mieter:innen auf Einsicht in die Belege einer Betriebskostenabrechnung sich auch auf die zugrundeliegenden Zahlungsbelege erstreckt.

Urteil vom 09. Dezember 2020 (BGH, Az. VIII 118/19)

In dem Verfahren hatte die klagende Vermieterin den Mieter zur Zahlung von EUR 1.262,35 nebst Zinsen aufgefordert. Sie gewährte dem beklagten Mieter Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Rechnungsbelege; eine darüber hinaus vom Beklagten verlangte Einsichtnahme in die entsprechenden Zahlungsbelege lehnte die Vermieterin jedoch ab.

Der BGH wies die Revision der Vermieterin nun zurück. Das Berufungsgericht (Landgericht Berlin) hat die Klage zutreffend als derzeit unbegründet abgewiesen. Solange dem Mieter eine nach § 259 Abs. 1 BGB berechtigterweise begehrte Belegeinsicht nicht gewährt werde, stehe diesem ein aus § 242 BGB folgendes (temporäres) Leistungsverweigerungsrecht zu (Senatsurteile vom 07. Februar 2018 – VII ZR 189/17; vom 10. April 2019 – VIII ZR 250/17). Das Einsichtsrecht des Mieters beziehe sich dabei neben den Rechnungen auch auf die dazugehörigen Zahlungsbelege.

"Denn mit Hilfe dieser Belege wird der Mieter in die Lage versetzt, die Berechtigung der jeweils in Rechnung gestellten Beträge zu überprüfen. Der Darlegung eines besonderen Interesses bedarf es dabei nicht, es genügt vielmehr das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren" – RN 13

Mieter:innen sollten in jedem Fall beachten, dass sie in einem möglichen Prozess die Rechnungen und Zahlungsbelege nicht einfach (mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 Zivilprozessordnung) bestreiten können, wenn sie vorher ihr Recht auf Einsicht in die Belege (§ 259 Abs. 1 BGB) nicht geltend gemacht haben. Auch ist zu beachten, dass etwaige Nachzahlungen von Mieter:innen möglicherweise nur temporär verweigert werden können. Mieter:innen steht ein sog. temporäres Leistungsverweigerungsrecht zu. Dieses Recht erlischt, wenn Vermieter:innen die geforderten Belege - z.B. im Prozess - vorlegen. Wird dadurch die Abrechnung bestätigt, muss die Forderung umgehend bezahlt werden.

Düsseldorf, den 20.01.2021

Rechtsanwalt Dennis Wiegard

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