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 |  Axel Kötteritzsch

Neues Honorarrecht für Architekten und Ingenieure

In seiner Entscheidung vom 04. Juli 2019 hat der Europäische Gerichtshof (nachfolgend kurz „EuGH“) die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (nachfolgend kurz „HOAI“) für rechtswidrig erklärt. Infolge dieses Urteils ist die Bundesrepublik Deutschland nun verpflichtet, das Honorarrecht den Vorgaben des EuGH anzupassen. Beabsichtigt ist, die notwendigen Änderungen in der HOAI Anfang 2021 in Kraft zu setzen. Ein Gesetzesentwurf dazu liegt bereits vor.

Aus unserer Sicht erscheint es sinnvoll – sofern in der Praxis möglich – beim Abschluss eines Planervertrages mit einem Architekten oder Ingenieur bis Anfang des Jahres 2021 abzuwarten, bis das neue Honorarrecht in Kraft tritt. Die Änderungen werden dem Gesetzesentwurf zufolge zumindest einige rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten der bisher geltenden HOAI beseitigen.

Wichtigste Änderung ist, dass sich das Honorar künftig nach der Vereinbarung richtet, die die beiden Parteien in Textform treffen. Auf das bisher so strenge Erfordernis, dass eine solche Vereinbarung bereits schriftlich bei Auftragserteilung erfolgen musste, um damit wirksam die Mindestsätze überschreiten zu dürfen, wird künftig verzichtet. Die Parteien können somit jegliche Honorarvereinbarungen im Rahmen gesetzlicher Grenzen (wie Sittenwidrigkeit und Wucher) frei treffen. Unterbleibt der Abschluss in Textform, soll ein sogenannter Basishonorarsatz als vereinbart angesetzt werden, der jedoch nur eine widerlegbare Vermutung darstellen soll.

 

Das bisher bereits bekannte (und praktizierte) System der Honorarfindung und Honorarbewertung bleibt aber auch künftig erhalten, sofern die Parteien beabsichtigen, sich an der modifizierten HOAI zu orientieren. Die bisherigen Parameter wie die Ermittlung der anrechenbaren Kosten, die Honorarzone und der Honorarsatz finden auch weiterhin Anwendung bei der Ermittlung des Honorars. Und auch die Vomhundertsätze gelten weiterhin.

Und auch der in aller Munde befindliche Verbraucherschutz findet Eingang in das künftige Honorarrecht. Will der Planer mit einem Verbraucher künftig eine Honorarvereinbarung abschließen, muss er zusammen mit der Abgabe seines schriftlichen Angebots den Verbraucher auch darüber aufklären, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als in der HOAI vorgesehen vereinbart werden kann. Leider sieht der Gesetzgeber in seinem Entwurf (noch) nicht vor, welche Rechtsfolgen eintreten, sollte der Planer den vorbeschriebenen Hinweis nicht an den Verbraucher geben. Es ist davon auszugehen, dass der geplante Vertrag wirksam wird. Die konkreten Rechtsfolgen hingegen sind nicht geregelt.

Schließlich werden bisherige Regelungen über die Fälligkeit von Abschlagszahlungen und Forderungen aus der Schlussrechnung gestrichen. Für diese Fälle bietet das Werkvertragsrecht des BGB ausreichende Regelungen, so dass darauf in der HOAI verzichtet werden kann.

Insgesamt ist die geplante Gesetzesänderung zur HOAI sicher (noch) nicht frei von Mängeln. Sie wird auch nicht alle Probleme des bisherigen Honorarrechts so einfach beseitigen können. Aber sie sollte in einigen zentralen Punkten, die über Jahre oder Jahrzehnte hinweg zu Streitigkeiten zwischen Auftraggebern und Planern geführt haben, sicherlich Klarheit und Sicherheit schaffen. Gewissheit wird man natürlich erst durch Anwendung der modifizierten HOAI in der Praxis und ihrer Prüfung durch Gerichte in Zukunft erlangen können. Es lohnt sich aber sicherlich, wenn möglich, die geplante Änderung abzuwarten.

Bis der Gesetzesentwurf hingegen wie geplant Anfang des Jahres 2021 in Kraft tritt, werden Auftraggeber und Planer mit der derzeitigen Rechtsunsicherheit infolge des eingangs genannten Urteils des EuGHs noch weiter leben müssen.

Rechtsanwalt Axel Kötteritzsch

Düsseldorf, den 02. Oktober 2020

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