Vor einigen Wochen hatten wir in einen Beitrag zu den Aufklärungspflichten beim Kauf gebrauchter Immobilien veröffentlicht. Heute wollen wir ergänzend der Frage nachgehen, ob der Verkäufer auch haftet, wenn der von ihm beauftragte Makler dem Käufer falsche oder gar keine, aber erforderliche und dem Makler bekannte Angaben zu der Immobilie macht.
Gebrauchte Immobilien werden meist unter Verzicht auf jegliche Gewährleistungsrechte verkauft. Redliche Verkäufer benennen die Sachverhalte, wegen derer sie aufklären müssen. Das besprechen die Verkäufer in der Regel mit dem von ihnen beauftragten Makler. Der führt oft die Besichtigungen der Immobilie ohne Anwesenheit des Verkäufers durch. Dabei nehmen es manche Makler mit den Aufklärungen von Sachverhalten – obwohl von dem Verkäufer darauf hingewiesen – nicht so genau. Eine wichtige Tatsache wird so gegenüber dem Käufer entweder verschwiegen oder falsch dargestellt. Der Käufer will nun gegen den Verkäufer wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht vorgehen und trägt vor – und kann beweisen – dass der Makler nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Der Verkäufer wendet ein, er sei bei den Verkaufsgesprächen gar nicht dabei gewesen. Er hafte nicht für die Erklärungen des Maklers. Denn den habe der Verkäufer nachweislich über alle vertragsrelevanten Sachverhalte vollumfänglich informiert .
Erklärungen des von ihm beauftragten Maklers muss sich der Verkäufer als eigene im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB nur zurechnen lassen (§ 278 BGB), wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (so OLG Schleswig, Urt. v. 14.02.2008, 7 U 24/06): Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1995, S. 2550 ff; NJW 1996, S. 452; NJW 2001, S. 358 f.) wird ein Makler als Erfüllungsgehilfe im Sinne von § 278 BGB (mit der Folge der Zurechnung einer Erklärungen) angesehen, wenn
- dem Makler die wesentlichen Vertragsverhandlungen von einer Partei überlassen worden sind, oder
- der Makler mit Wissen und Wollen einer Partei Aufgaben übernommen hat, die typischerweise dieser Partei selbst obliegen, oder
- dem Makler die gesamten Vertragsverhandlungen quasi als Repräsentanten überlassen wurden.
Entscheidend kommt es – so das OLG Schleswig - dabei nicht auf die Einräumung von Vertretungsmacht an, sondern darauf, ob bei wertender Beurteilung der tatsächlichen Umstände das Verhalten des Maklers dem Geschäftsherrn zuzurechnen ist (BGH NJW 1995, S. 2551 m.w.N.). Der Makler muss dabei - von der Vertragspartei zurechenbar veranlasst - Aufgaben übernommen haben, die dem Pflichtenkreis dieser Partei zuzuordnen sind (BGH NJW 1996, S. 452). Dabei sind die Einzelfallumstände entscheidend: es stellt sich die Frage, ob ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen (zum Beispiel erhöhte Aufklärungspflichten), übernommen hat und so in ihrem Pflichtenkreis tätig geworden ist und zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten ist (BGH NJW 2001, S. 358).
Das heißt für die Praxis, dass der Makler, der nur seinen Auftrag zur Vermittlung der Immobilie erfüllt, mit seinen Erklärungen nicht ohne weiteres eine Haftung des Verkäufers auslöst. Nur dann, wenn der Makler quasi „freie Hand“ hat bei den Verhandlungen mit dem Käufer, wird der Makler als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Verkäufers zu qualifizieren sein. Die Erklärungen des Maklers werden dem Verkäufer dann zugerechnet. Der Verkäufer kann sich also einer Situation ausgesetzt sehen, in der dem Käufer die unterlassenen oder falschen Erklärungen des Maklers zu aufklärungspflichtigen Sachverhalten dem Verkäufer zu Recht als arglistige Täuschung entgegenhalten werden. Der Käufer kann dann seine Erklärungen zum Abschluss des Kaufvertrages anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB) und vom Verkäufer Schadensersatz (§§ 311, 249 ff. BGB) verlangen.
Der Verkäufer ist also gut beraten, sein Rechtsverhältnis zum Makler genau zu definieren, um nicht im Rechtsverhältnis zum Käufer Überraschungen zu erleben.
Düsseldorf, 03. Juli 2024
Dr. Dieter Jasper
Rechtsanwalt