Wer ein Grundstück erwirbt, muss den Kaufvertrag notariell beurkunden lassen. Gleiches gilt beim Abschluss eines Bauträgervertrags, bei dem der Käufer von dem Verkäufer ein Grundstück erwirbt und der Verkäufer sich darüber hinaus verpflichtet, das Grundstück in der vertraglich vereinbarten Weise zu bebauen. Ein bloß privatrechtlich (formlos) geschlossener Vertrag, ohne Einhaltung der notariellen Form, ist in diesen Fällen nichtig. Wer hingegen auf seinem eigenen Grund und Boden bauen möchte, muss den Bauvertrag mit dem Bauunternehmer nicht von dem Notar beglaubigen lassen. Vielmehr reicht ein formlos geschlossener Bauvertrag aus.
In der Praxis kommt es jedoch vor, dass ein Bauherr von einem Verkäufer ein Grundstück kauft, das anschließend von einem Bauunternehmer bebaut werden soll und die beiden auf den ersten Blick scheinbar voneinander völlig unabhängigen Verträge doch eng miteinander „verbunden“ sind. Diese „Verbundenheit“ kann etwa darin bestehen, dass zwischen dem Verkäufer des Grundstücks und dem Bauunternehmer eine personelle oder wirtschaftliche Verflechtung besteht, und der Anbieter des Bauvertrags zumindest maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung des Kaufvertrags hat. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der sonst formfreie Bauwerkvertrag auch notariell beurkundet werden muss und welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn die notarielle Beurkundung des Bauvertrags unterbleibt.
Kammergericht Berlin,Urteil vom 09. Februar 2021 (Az. 21 U 126/19)
Das Kammergericht Berlin (KG) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 09. Februar 2021 (Aktenzeichen 21 U 126/19) dargelegt, wann ein Bauvertrag mit einem Grundstückskaufvertrag derart eng verbunden ist, dass auch der an sich formfreie Bauvertrag vor dem Notar zwingend beurkundet werden muss, um wirksam zu sein.
Der Kläger hatte mit notariellem Kaufvertrag einen Miteigentumsanteil an seinem Grundstück an den Beklagten verkauft und zugunsten des Beklagten eine Auflassungsvormerkung eintragen lassen. Auf diesem Grundstück sollten Eigentumswohnungen mehrerer Erwerber errichtet werden. Dazu schloss der Beklagte einen privatschriftlichen Vertrag (Baubetreuungsvertrag) mit einer Gesellschaft, die Planungs- und Überwachungsleistungen auch für andere Erwerber an dem künftigen Bauwerk erbringen sollte. Mit den Bauarbeiten auf dem Grundstück wurde begonnen. Die Parteien gerieten jedoch in Streit und der Kläger verlangte die Löschung der Auflassungsvormerkung, während der Beklagte die Umtragung des Miteigentumsanteils im Grundbuch auf ihn verlangte.
Das KG hat dem Kläger Recht gegeben. Es ist der Ansicht, dass der privatschriftliche Baubetreuungsvertrag so eng mit dem Grundstückskaufvertrag verbunden ist, dass er ebenfalls hätte notariell beurkundet werden müssen. Beide Verträge bilden eine rechtliche Einheit. Der Kaufvertrag sollte mit dem Baubetreuungsvertrag „stehen und fallen“. Nach dem Willen beider Parteien konnte keiner der Verträge allein – isoliert – Bestand haben. Die fehlende Beurkundung hat zur Folge, dass der Baubetreuungsvertrag unwirksam (nichtig) ist. Mit der weiteren Konsequenz, dass auch der Grundstückskaufvertrag keine Wirksamkeit entfalten kann. Die Nichtigkeit des Bauvertrags schlägt auf den Kaufvertrag durch.
Für das KG hing der Baubetreuungsvertrag von dem Kaufvertrag ab. Der Beklagte erwarb von dem Kläger nur einen Miteigentumsanteil und war auch nur ein Teil der Gesamtbaumaßnahme aller Erwerber auf diesem Grundstück. Er konnte über dessen Nutzung nicht allein entscheiden, sondern die Bebauung war durch den Inhalt der zahlreichen Baubetreuungsverträge aller Erwerber in Summe fest vorgegeben. Der Beklagte konnte den Baubetreuungsvertrag nicht losgelöst von dem Grundstückskaufvertrag auf ein anderes Grundstück „umleiten“. Die Leistungen aus dem Baubetreuungsvertrag konnten nur auf dem verkauften Grundstück erbracht werden.
Und auch der Kaufvertrag ist (rechtlich) abhängig von dem Baubetreuungsvertrag. Allein mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, das bereits von den übrigen Erwerbern nach deren Baubetreuungsverträgen bebaut wurde, kann der Beklagte nichts anfangen. Der Beklagte wollte den Miteigentumsanteil vielmehr nur deshalb erwerben, weil er – zusammen mit den übrigen Erwerbern - die darauf geplante und auch bereits begonnene Bebauung wünschte. Die Vorgaben aus dem Baubetreuungsvertrag sind untrennbar mit dem Grundstückskaufvertrag verbunden.
Hat ein (künftiger) Bauherr in der Praxis bei dem Erwerb eines Grundstücks und dem Abschluss eines Bauvertrags zwei verschiedene Vertragspartner und liegen Indizien dafür vor, dass beide Verträge miteinander stehen und fallen sollen, weil nach dem Willen der Parteien keiner der beiden Verträge ohne den anderen isoliert Bestand haben kann, sollte der Erwerber anwaltlich unbedingt prüfen lassen, ob die beiden Verträge nicht doch eine rechtliche Einheit im Sinne der Rechtsprechung bilden. Denn in der Regel wird – beispielsweise aus Zeit- oder Kostengründen – die notarielle Beurkundung des Bauvertrags unterbleiben. Liegt dann aber tatsächlich eine rechtliche Einheit zwischen beiden Verträgen vor, so ist dieses Versäumnis für den Bauherrn fatal. Die fehlende notarielle Beurkundung des Bauvertrags schlägt auf den Grundstückskaufvertrag durch und lässt auch diesen unwirksam (nichtig) werden. In diesem Fall hat der Bauherr dann keinen wirksamen Vertrag abgeschlossen. Ein aus seiner Sicht sicher unerwünschtes Ergebnis, was im Zweifel wenn überhaupt nur mit Zeit- und Kosteneinsatz „repariert“ werden kann.
Oder aber der Bauherr nutzt eine solche Konstellation und deren Rechtsfolge – Nichtigkeit beider Verträge – ganz gezielt in der völlig gegenteiligen Richtung dahingehend aus, um sich von unerwünschten Verträgen nachträglich wieder lösen zu können. Wir beraten Sie in solchen Fällen gerne anwaltlich.
Düsseldorf, 26. März 2021
Autor: Rechtsanwalt Axel Kötteritzsch